Stellungnahme des Deutschen Altphilologenverbandes (Baden-Württemberg) zu den G9-Planungen des Kultusministeriums

Der baden-württembergische Ministerrat hat am 23.7.2024 das vom Kultusministerium vorgelegte neue Schulgesetz zur Anhörung freigegeben (vgl. https://beteiligungsportal.baden-wuerttemberg.de/fileadmin/redaktion/beteiligungsportal/KM/Dokumente/240723_Gesetzentwurf-Aenderung-Schulgesetz.pdf) . Ein großer Teil der geplanten Änderungen bezieht sich auf die neuerliche Einführung des neunjährigen Gymnasiums. Bis zum 17. September 2024, 17.00 Uhr, konnten im Rahmen der Anhörung Kommentare auf der Beteiligungsplattform des Landes abgegeben werden. Der Deutsche Altphilologenverband (Baden-Württemberg) hat in diesem Rahmen die folgenden Gedanken eingebracht:

  1. Die Stärkung der ersten Fremdsprache durch eine zusätzliche Unterrichtsstunde in den Klassen 5 und 6 ist zu begrüßen. Der Deutsche Altphilologenverband (BW) geht davon aus, dass mit der ersten Fremdsprache hier nicht zwingend Englisch gemeint ist, sondern an Gymnasien mit altsprachlicher Prägung (humanistisches Gymnasium, Biberacher Modell) auch Latein diese Stelle einnehmen kann. Für Gymnasien mit Französisch (bzw. anderen Sprachen) ab Klasse 5 müsste Entsprechendes gelten.
  2. Aus Sicht der Gymnasien, die in Klasse 5 mit Latein beginnen, ist der Beginn der zweiten FS in Klasse 6 ebenfalls zu begrüßen. Allerdings scheint – gemäß einer Mitteilung des Kultusministeriums an den Philologenverband vom Juli 2024 – ja vorgesehen zu sein, dass die 2. Fremdsprache durchweg mit 3 Wochenstunden unterrichtet wird. Insbesondere für den Anfangsunterricht ist dies deutlich zu wenig. Der Deutsche Altphilologenverband (BW) rät hier dringend zu einer Erhöhung der Stundenzahl (Näheres s. Punkt 4).
  3. Die dritte Fremdsprache wird – gemäß besagter Mitteilung des Kultusministeriums an den Philologenverband vom Juli 2024 – offenbar ebenfalls durchweg mit 3 Wochenstunden angesetzt. Auch hier ist dies – sprachunabhängig, wie bei der 2. FS – zumindest für den Anfangsunterricht viel zu niedrig.
  4. Aus Sicht des Deutschen Altphilologenverbandes (BW) wäre es mit Blick auf die Punkte 2 und 3 unbedingt ratsam, insgesamt 6 Jahreswochenstunden mehr für die zweite und die dritte Fremdsprache anzusetzen. Ein dreistündiger Anfangsunterricht ist Stückwerk und wird entweder zu niedrigen Kompetenzniveaus oder zu relativ hohen Nichtbestehensquoten führen; vier Stunden wären das Minimum, besser wären fünf. Auch im Folgejahr (bzw. bei Latein und Griechisch als 3. FS: im Jahr der Latinums-/Graecumsprüfung) wäre eine Erhöhung überaus sinnvoll.
  5. Das sogenannte „Biberacher Modell“ (Latein und Englisch ab Klasse 5) ist erhaltenswert; die Rahmenbedingungen dafür müssten unbedingt präzisiert werden.
  6. Beim „Innovationselement 3“ des Gesetzesentwurfs und seiner Begründung (Stärkung der Demokratiebildung) sei daran erinnert, dass neben Fächern wie Geographie, Gemeinschaftskunde und Geschichte (!) auch die Fächer Latein und Altgriechisch etliches beizusteuern haben. Einige der Texte, die im Unterricht gelesen werden können, gehören zu den Grundlagen der politischen Bildung.
  7. Zu § 88 (6) (Zumutbarkeit der Zuweisung an eine andere Schule desselben Schultyps): Da der Begriff „Schultyp“ eher vage definiert ist, könnte man im Gesetzestext evtl. auf den Beschluss 9 S 2178/99 des VGH Baden-Württemberg (Mannheim) vom 15.09.1999 verweisen, in dem deutlich gemacht wird, dass der Begriff z.B. nicht nur einfach als „Gymnasium“ zu verstehen ist, sondern namentlich unterschiedliche Lehrangebote zu berücksichtigen sind.